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[Rezension] “Die Tanzenden” – Victoria Mas

Worum geht’s?

Es geht um drei Frauen und eine bekannte Nervenheilanstalt im Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
Louise ist bereits seit drei Jahren Patientin in der bekannten Pariser Salpêtrière und wird von dem angesehen Dr. Charcot besonders gerne als Versuchsobjekt für seine medizinischen Vorstellungen vor Studenten Journalisten und weiteren Zuschauern, in denen er mittels Hypnose Hysterische Anfälle bei Patientinnen erzeugt und diese daraufhin durch fragwürdige Methoden wieder lindert, genutzt. Warum Louise tatsächlich unter einem Trauma leidet und warum sie in die Nervenheilanstalt eingeliefert wurde, interessiert hingegen scheinbar niemanden.
Louise ist nun der Hoffnung verfallen, dass ein Mann, der sie angeblich liebt, sie bald aus der Anstalt befreien wird.
Geneviève ist altgediente Krankenschwester in der Salpêtrière und steht voll und ganz hinter den Methoden und Ansichten der Ärzte, doch als die junge Eugénie von ihrem Vater eingewiesen wird, bringt diese ihre Überzeugung ins Wanken.
Außerdem steht nun der alljährliche Kostümball bevor, zu dem ausgewählte Pariser Bürger*innen eingeladen sind, um einen Blick auf die “Hysterikerinnen” erhaschen zu können. Obwohl die Patientinnen hier in erster Linie der High Society zu deren Vergnügen vorgeführt werden, bereiten sie sich mit euphorischem Tatendrang darauf vor, da sie an diesem Abend endlich einmal die Chance haben, gesehen zu werden und aus dem tristen Klinikalltag zu entfliehen. Und viele haben die Hoffnung dies für immer zu tun und endlich (wieder) eine selbstbestimmte Frau sein zu können, was jedoch in den meisten Fällen sehr unwahrscheinlich ist.

Meine Meinung

Die Tanzenden ist ein Roman über die Ungerechtigkeiten, die Frauen im 19. Jahrhundert in der Psychiatrie (und im alltäglichen Leben) erleiden mussten. Die Protagonistin Eugénie wird von ihrem Vater in die berühmt-berüchtigte Pariser Nervenheilanstalt Salpêtrière eingeliefert.
Das Buch hat mir insgesamt eigentlich gut gefallen, da auf nüchterne, aber schockierende Art gezeigt wird, wie damals mit psychisch kranken Frauen und sogar gesunden Frauen, die sich einfach nur nicht in die Vorstellungen ihrer Väter, Brüder und Ehemänner fügen wollten, umgegangen wurde. Allerdings gab es auch einen nicht unwesentlichen übersinnlichen Aspekt in der Story, den ich anhand des Klappentextes nicht erwartet hätte und den ich auch irgendwie unnötig fand. Der ausschlaggebende Punkt, weshalb Eugénie von ihrem Vater eingewiesen wird ist nämlich der, dass sie Geister sehen kann und dies im Vertrauen ihrer Großmutter erzählt, die es jedoch wiederum dem Vater erzählt. Natürlich ist es das nicht alleine. Eugénies eigensinnige, rebellische Art ist ihrem Vater schon lange ein Dorn im Auge. Die Geistersache liefert ihm nur die willkommene Begründung, sie loszuwerden. Der Punkt ist, dass es diese Begründung wahrscheinlich nichtmal gebraucht hätte. In der Zeit wurden Frauen schon wegen sehr viel “natürlicherer” aber gesellschaftlich eben nicht gern gesehener Eigenschaften hinter Anstaltsmauern versteckt. Oder – noch grausamer – sie waren wirklich traumatisiert von Dingen, die oftmals die Männner in ihrem Leben ihnen angetan haben.
Die Geschichte wäre ohne diesen übersinnlichen Teil daher sogar meiner Meinung nach noch aussagekräftiger gewesen.
Insgesamt aber ein guter, wenn auch auch sehr kurzer Roman, der einen zwischendurch richtigt wütend macht, wenn man sich die Hilflosigkeit dieser Frauen, mit der sie diesen Ungerechtigkeiten ausgeliefert sind, vorstellen muss!

Vielen Dank an den Piper Verlag für das Rezensionsexemplar!

Angaben zum Buch // Anzeige


Titel: Die Tanzenden
(Originaltitel: Le bal des folles)
Autorin: Victoria Mas
Übersetzung: Julia Schoch
Verlag: Piper
erscheint am: 07.06.2020
als E-Book bereits erhältlich!
Seiten: 240
ISBN: 978-3-492-07014-0
Preis (Hardcover): 20,00 €

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