[Rezension] “Penelope und die zwölf Mägde”
„Wir Mägde sind’s,
Margaret Atwood, “Penelope und die zwölf Mägde” (Wunderraum Verlag), S. 19
die du getötet hast,
verraten
[…]
es war nicht fair,
du, der uns rügt,
hast dich mit jeder Göttin,
Nutte, Königin vergnügt“
Von Homers berühmten Epos „Die Odyssee“ haben die meisten schon mal etwas gehört. Vom griechischen Helden Odysseus, der Jahre lang durch die Weltgeschichte irrte und dabei dank seiner Intelligenz und List zahlreiche gefährliche Situationen und Prüfungen meisterte. Zumindest seine Version kennt man. Seine Geschichte voller Abenteuer, Heldenmut wahnwitziger Tricks.
Doch wie hat Penelope das alles erlebt? Penelope, die spartanische Prinzessin, seine treue Ehefrau, die mit fünfzehn Jahren an ihn verheiratet wurde und kurz nach der Geburt des Sohnes und Odysseus Aufbruch nach Troja, alleine im fremden Ithaka zurückgelassen, Jahrzehnte lang auf seine Heimkehr wartete?
Die treue und aufopferungsvolle sowie clevere Penelope stand ihrem Mann in Sachen Einfallsreichtum jedoch offenbar in nichts nach.
Margaret Atwood gibt in diesem 2005 erstmals auf Englisch und nun im Wunderraum-Verlag auf Deutsch erschienenen Roman der Figur Penelope eine Stimme. Zudem kommen auch ihre zwölft vertrautesten Mägde, die Odysseus nach seiner Rückkehr hinrichten ließ und die in der ursprünglichen Geschichte nur am Rande eine Rolle spielten, als Chor zu Wort.
Die Geister dieser Mägde verfolgen Odysseus nämlich bis heute. Ja, bis heute! Der griechische Adel vergnügt sich natürlich bis heute in der Unterwelt.
Der Chor der Mägde klagt ihn an, prangert die Ungerechtigkeit an, mit denen sie damals immer wieder konfrontiert waren und durch die sie zuletzt sogar grundlos sterben mussten. Und nicht nur das – als „stille“ Anwesende in den Palästen bekamen sie natürlich alles mit und diese Informationen nutzen sie, um wunderbar über die Reichen und Mächtigen herzuziehen.
Als Penelopes engste Vertraute, versorgten sie sie schon damals mit wichtigen Informationen, die sie als Frau sonst nicht bekommen hätte und waren andersherum auch in Penelopes Pläne eingeweiht.
Nun befinden sie sich alle im Hades, der Unterwelt der griechischen Mythologie, und besuchen hin und wieder unsere Welt, entweder in den Körpern neuer Personen oder durch Geisterbeschwörungen.
Penelope und die Mägde erzählen nun rückblickend in moderner Sprache und mit mittlerweile viel aufgeklärteren Ansichten ihre Version, was dieser uralten Geschichte trotz der Tragik viel Witz verleiht und einen modernen Anstrich verpasst.
Penelope berichtet vom Aufwachsen in Sparta, als Tochter des Königs und einer Nymphe und davon, wie sie mit gerade einmal fünfzehn Jahren verheiratet wird. Davon, wie Odysseus sich im Kampf um ihre Hand in den Wettkämpfen durchsetzt, obwohl damit niemand gerechnet hätte. Sie berichtet von ihrer wunderschönen, aber gemeinen Cousine Helena, der Unruhestifterin und letztlich davon, wie Odysseus sich nach Troja aufmacht und nach Ende des Krieges einfach nicht wiederkommt. So lange, dass keiner mehr mit seiner Rückkehr rechnet. Keiner, außer Penelope. Denn würde sie es nicht tun, müsste sie einen der zahlreichen Freier heiraten, die sich in Massen im Palast eingenistet haben. Nicht wegen ihr, sondern wegen ihres Vermögens – das ist der kein bisschen naiven Prinzessin durchaus bewusst.
Hin und wieder kam mir die moderne Sprache etwas übertrieben vor. Zu gewollt, der Versuch Penelope als Frau mit heutigen Ansichten ihre Geschichte erzählen zu lassen. Doch insgesamt liest sich dieser Roman mit seinen kurzen Kapiteln, die immer wieder vom Chor der Mägde unterbrochen werden, sehr schnell flüssig und gibt diesem leicht angestaubten Mythos noch einmal eine interessante neue Perspektive.
Ein kurzweiliges Lesevergnügen!
Vielen Dank an das Bloggerportal und den Wunderraum-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Anzeige// Angaben zum Buch
Titel: Penelope und die zwölf Mägde
(original: “The Penelopiad”)
Autorin: Margaret Atwood
Übersetzung: Marcus Ingendaay und Sabine Hübner
erschienen am: 13. Oktober 2022
Verlag: Wunderraum Verlag
Seiten: 192
ISBN: 978-3-442-31680-9
Preis (Hardcover): 22,00€
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