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Rezension: “QualityLand” von Marc-Uwe Kling

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Titel: QualityLand
Autor: Marc-Uwe Kling
Verlag: Ullstein
Erschienen am: 22.09.2017
Seitenzahl: 384 Seiten
Preis: 18,00€ (eBook: 14,99€)
ISBN: 9783550050152

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Inhalt

QualityLand ist ein Land der Zukunft, in dem alles durch Algorithmen berechnet und automatisiert ist. Es gibt Online-Versandhandel, die schon wissen, was du kaufen möchtest, Partnerbörsen, die dir den perfekten Partner vorschlagen (Leute die sich „analog“ kennen lernen gelten schon als merkwürdig) und jede Menge künstliche Intelligenzen, die den Großteil aller Jobs übernommen haben. Je nach Vermögen, Bekanntheitsgrad oder Nützlichkeit für die Allgemeinheit etc. sind die Menschen in Level eingeteilt. Ganz oben in den 90ern befinden sich die wohlhabendsten und bekanntesten Menschen, alle Menschen unter Level 10 gelten als Nutzlose. Zu ihnen gehört auch der Protagonist Peter Arbeitsloser, Gebrauchtwarenhändler mit Schrottpresse für kaputte Roboter, nachdem seine Freundin Sandra Admin, die Nachrichten schreibt, die eigentlich nur zu Werbezwecken dienen, ihn verlassen hat. Eines Tages bekommt er – natürlich voll automatisch –  ein Paket mit einem rosafarbenen Delfinvibrator zugeschickt, den er natürlich nicht gewollt hat. Er versucht das Ding zurückzugeben, was sich als nicht ganz so leicht herausstellt, denn er muss ihn gewollt haben, das System macht keine Fehler! Oder doch?
Und währenddessen ist, passend zum Erscheinungsdatum des Romans, auch noch Wahlkampf,  bei dem ein rechtspopulistischer Politiker gegen einen eher links-orientierten Androiden der Fortschrittspartei antritt…
Sowohl durch Peter und seine Mitstreiter (kaputte Roboter, wie eine Drohne mit Flugangst oder ein Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung, die sich eigentlich von ihm verschrotten lassen sollten und Kiki, eine Frau die es sich zur Aufgabe gemacht hat, möglichst undurchschaubar für das System zu sein) als auch John, den Präsidentschaftskandidaten-Androiden und seine Assistentin Aisha, bekommen wir immer tiefere Einblicke in das System, das außer Konsum, wohl keine Werte kennt.

Meine Meinung

Ich war während des Lesens ständig in dem Zwiespalt, ob ich nun lachen oder weinen soll.
Unsere Realität ist einfach schon so nah dran an dieser Dystopie, dass eigentlich nur noch die allgegenwärtigen künstlichen Intelligenzen und ein paar Gesetze, die uns unserer Rechte an unseren Daten noch mehr und vor allem offiziell berauben, denen wir einfach durch ein Häkchen bei den AGBs zustimmen, fehlen.
Wenn man sich sozial nicht abschotten will, muss man verschiedene Dienste nutzen, diese Dienste kann man nicht nutzen wenn man den AGBs nicht zustimmt. Das Problem ist bereits real. In QualityLand gibt es deshalb auf jede Frage, die dir im Netz begegnet nur die Antwortmöglichkeit „OK“.
Kling schafft es aber mal wieder, diese unschönen Wahrheiten über unsere Gesellschaft und unsere Welt mit unglaublich trockenem Humor in einer erfrischenden Satire zu verpacken.

Peters Mitstreiter in seinem Unternehmen, einen ungewollten pinken Delfinvibrator zurückzugeben, den er von „The Shop, dem weltweit beliebtesten Versandhändler“ zugeschickt bekommen hat, da er ihn laut Algorithmus wollte, sind eine Reihe von kaputten Robotern, die er eigentlich hätte verschrotten müssen: Eine Drohne mit Flugangst, ein Kampfroboter mit Posttraumatischer Belastungsstörung, eine E-Poetin (Autoren-Roboter) mit Schreibblockade und ähnlich skurrile Gestalten. Auch dass einer der Präsidentschaftskandidaten in Klings Zukunftsszenario ein Androide ist, ist eine erschreckende Vorstellung, die wie er beweist aber auch durchaus lustige Aspekte haben kann. Und auch vielleicht die bessere Wahl ist, je nach Kontrahent?
Die richtigen Menschen bleiben in ihrer charakterlichen Ausarbeitung meiner Meinung nach jedoch etwas oberflächlich, was aber bei einer Satire dieser Art gar nicht schlimm ist, da sie ja Stereotypen darstellen, die die verschiedenen Teile unserer Gesellschaft repräsentieren und gleichzeitig kritisieren.

Der Erzählstil und Aufbau des Romans ist besonders hervorzuheben. Die Erzählstränge, die Peter, sowie John und Aisha beim Wahlkampf und zwischendurch Martyn Vorstand, reichen Sohn und Parteimitglied in Johns Partei, begleiten, werden immer wieder von „Nachrichten“ unterbrochen, die von Peters Ex-Freundin geschrieben werden. In diesen Nachrichten geht’s jedoch nicht wirklich darum, die Menschen über das Weltgeschehen zu informieren, sondern eher mit einer aufmerksamkeitsheischenden Schlagzeile (die nicht unbedingt viel Wahrheit enthalten muss) Leser anzulocken und dann möglichst viel Werbung im Text zu verpacken. Auch Leserkommentare zu diesen Nachrichten finden sich jeweils im Anschluss, die sehr schön die Sinnhaftigkeit der meisten Online-Kommentare parodieren. Außerdem werden immer wieder Artikel aus einem QualityLand-Reiseführer eingeschoben, die dem Leser einige Dinge erklären, z.B. was es mit den Levels auf sich hat, wie verschiedener technischer Schnickschnack funktioniert oder welchen Sinn er hat, was es für gesellschaftliche und politische Richtungen gibt etc.
Dieser Aufbau lockert die Erzählung auf, fügt einige witzige Aspekte hinzu und trägt zu einem angenehmen Lesefluss bei.

Der Schreibstil ist dabei wunderbar Kling-typisch ironisch und trocken.

Dieser Roman zeigt uns, wo wir schon angekommen sind und wo das Ganze noch hinführen kann. Es ist eine Karikatur der jetzt schon gegebenen digitalen Vernetzung aber vor allem der kapitalistischen Auswüchse, die dadurch entstehen, dass unsere Daten aus sozialen Netzwerken etc. zu Werbezwecken genutzt werden. Aber es geht sogar noch weiter, denn es zeigt auf, wie sehr wir dadurch wiederum manipuliert werden. Welche Suchergebnisse werden uns überhaupt angezeigt und warum werden uns diese angezeigt? Und was machen wir damit? Beeinflussen wir mit unserer Meinung das, was uns das Netz zeigt oder beeinflussen diese Dinge uns? Fragen, die sich wahrscheinlich jeder schon mal gestellt hat…
Außerdem wird uns eine Zukunft gezeigt, in der es die meisten heutigen Jobs nicht mehr gibt, da sie von Robotern übernommen wurden – ebenfalls ein sehr reales Thema, dass in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft bei Bundestagswahlkämpfen diskutiert wird…
Kling greift das alles in einem meiner Meinung nach großartigen und lustigen Roman auf, vielleicht müssen wir drüber lachen, um es besser zu erkennen.

Ich könnte so viel mehr aufzählen, das mir gefallen hat, denn die Satire sitzt in diesem Buch in jedem kleinsten Detail, aber ich wüsste daher nicht wo ich anfangen und aufhören sollte. Man achte z.B. nur auf die Namen. Der Nachname einer Person entspricht in QualityLand dem Beruf des Vaters bzw. der Mutter (abhängig davon, ob es ein Sohn oder eine Tochter ist) während der Zeugung! Eine berühmte Fernsehmoderatorin, die bevorzugt nackt auftritt, da das natürlich die Zuschauerzahlen in die Höhe treibt, heißt Julia Nonne…soviel zum Witz im Detail! Und das ist nur eins von unglaublich vielen Beispielen.
Das Ende kam mir dann allerdings etwas zu schnell und plötzlich…

Fazit

Die teilweise unschönen Wahrheiten über unsere Welt werden uns von Kling mal wieder mit einer unglaublichen Ironie und trockenem Humor in einer schrägen und witzigen Geschichte vor Augen geführt.
Ich kann das Buch wirklich jedem nur empfehlen, der sich gerne mit ernsten Themen auseinandersetzt und trotzdem lachen will!!!

Der erste Eindruck: 5Sterne

Die Story:4Sterne
Die Charaktere: 4,5sterne

Der Erzählstil: 5Sterne

Der Schreibstil: 5Sterne

Die Aussage: 5Sterne

Titel und Cover:5Sterne
Mein Fazit: 4,5sterne4,8 Sterne!

Dieses Buch habe ich als Vorabexemplar auf vorablesen.de gewonnen!

 

 

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