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Rezension: “Everland” – Rebecca Hunt

everland

Titel: Everland
Autorin: Rebecca Hunt
Übersetzung: pociao
Verlag: Luchterhand Literaturverlag (erschienen am 13. Juni 2017)
ursprünglich erschienen: 2014 (bei Fig Tree)
Seiten: 416 (gebundene Ausgabe)
ISBN: 978-3630874630
Preis (gebundene Ausgabe): 22,00€ (eBook: 17,99€)
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Rezensionsexemplar**

 

Lange schon bin ich um diesen Roman herumgeschlichen – angezogen von diesem wunderschönen und geheimnisvollen Cover. Und jetzt in der kalten Jahreszeit, dachte ich mir, wäre doch die perfekte Zeit gekommen, um in diese Abenteuergeschichte über zwei Antarktisexpeditionen, zwischen denen zwar ein ganzes Jahrhundert liegt und die doch so viel gemeinsam haben, einzutauchen.

“Wie uns die Zeit dazu verleitet zu sehen, wer wir wirklich sind und welche Entscheidungen wir treffen.” S. 336

Worum geht’s?
Dieser Roman erzählt die Geschichte zweier Antarktisexpeditionen.
Die Erste startet im März 1913, als die Besatzung der unter britischer Flagge segelnden Kismet eine neue Insel entdeckt. Drei Männer werden auserwählt diese zu erforschen. Sie nennen sie Everland. Sie sollen einige Tage dort verbringen und dann wieder von der Kismet abgeholt werden. Doch schon auf dem Hinweg geraten sie in dem kleinen Beiboot in einen Sturm und erreichen nur wie durch ein Wunder die Insel. Doch dann kehrt die Kismet nicht zurück und ein Kampf ums Überleben beginnt.
Fast ein Jahrhundert später soll zu Ehren der ersten Everland-Expedition erneut ein Forscherteam der Antarktisstation Aegeus auf die Insel geschickt werden. Dieses Mal werden die Auserwählten und ihr durchaus weiterentwickeltes Equipment, mit einer Propellermaschine dorthin geflogen. Zudem ist es November, also antarktischer Sommerbeginn, und es gibt täglichen Funkkontakt zur Forschungsstation. Viel bessere Voraussetzungen als vor hundert Jahren – kann also nichts schiefgehen, könnte man meinen. Doch da wurde die Rechnung nicht mit der immer noch unbezähmbaren Natur sowie der Natur des Menschen gemacht.

Meine Meinung
Ich muss sagen, dass mir der Einstieg in dieses Buch wirklich alles andere als leichtgefallen ist. Es werden relativ zügig sehr viele Charaktere eingeführt, dann gibt es zwischen den relativ kurzen Kapiteln Zeitsprünge zwischen den zwei Expeditionen und innerhalb der Kapitel wechselt zudem die Erzählperspektive  zwischen den verschiedenen Protagonisten – ohne, dass dies durch Absätze kenntlich gemacht wird. So kam ich lange nicht in einen richtigen Lesefluss, musste oft nochmal zurückblättern um nachzulesen, wer jetzt was gesagt oder gedacht hatte oder woher man diese Person nochmal kannte.
“Everland” wird im Klappentext als Abenteuergeschichte, spannender Thriller, und psychologisches Drama beschrieben.
Eine Abenteuergeschichte ist es zweifellos, wie sie typischer nicht sein könnte. Die Spannung kam für mich erst etwa ab der Mitte des Buches auf. Zwar wird schon zu Beginn des Buches im Jahr 1913 ein Überlebender der ersten Expedition gefunden und man möchte natürlich wissen, was auf Everlend geschehen ist und was aus den anderen beiden Expeditionsteilnehmern geworden ist. Von da an wird in diesem Erzählstrang abwechselnd das Geschehen bei der Expedition selbst und die Ereignissen auf der Kismet nach dem Fund des Überlebenden erzählt. Zwischendurch gibt es sogar Rückblenden zu derzeit vor der Expedition. Ziemlich verwirrend, aber auch interessant.
Und das würde an sich schon für einen guten Spannungsaufbau reichen, doch wurde dieser für mich enorm gedämpft, indem ich einfach keinen Bezug zu den Protagonisten bekommen konnte. Sie blieben für mich bis zum Schluss leere Stereotype, die sich ihren Rollen entsprechend verhielten. Beispielsweise die junge Forscherin Brix, die bei der zweiten Expedition mit von der Partie ist, wurde so überspitzt hilflos und ungeeignet für diesen Job dargestellt, dass man nur darauf wartet, dass sie als nächstes Hilfe beim Zähneputzen benötigt. Die Charaktere spielen ihre Rolle, büßen dabei jedoch unglaublich an Authentizität ein. 20171221_163728
Im Laufe der Geschichte werden immer mehr Ähnlichkeiten zwischen den Teams und dem Ablauf der beiden Expeditionen deutlich, was durch die abwechselnde Erzählung beider Zeitstränge noch hervorgehoben wird. Das hat mir einerseits sehr gut gefallen, da es die Aussage des Romans zusätzlich unterstreicht. Andererseits glaube ich, dass auch dies dazu beigetragen hat, dass mir die Charaktere so stereotypisch vorkamen. Es gibt nicht nur eine zartbesaitete junge Forscherin, eine knallharte und pragmatisch veranlagte Feldassistentin und einen erfahrenen älteren und idealistischen Antarktisforscher, nein, es gibt sie jeweils zweimal. In ihrer Profession und dem Geschlecht natürlich leicht abgeändert, aber im Grunde fast identisch. Es hat mich etwas gestört, dass man als Leser diese Ähnlichkeiten nicht langsam erkennen muss, sondern sie so sehr unter die Nase gerieben bekommt.
Interessant ist hingegen, dass das zwischenmenschliche Beziehungsgefüge in den Teams etwas anders verteilt ist, was in der zweiten Hälfte des Buches dann doch einige Fragen aufwirft und zur zunehmenden Spannung beiträgt. Die Drei scheint zudem hier die magische Zahl zu sein, denn auch an Bord der Kismet gibt es drei zentrale Charaktere, die versuchen, einen Weg zu finden, mit den Geschehnissen umzugehen.

Drei Gruppen aus je drei Leuten in drei Ausnahmesituationen und die Frage wie sie sich verhalten.
Die Tatsache, dass die Teams so gleich und doch irgendwie unterschiedlich sind, dass hundert Jahre zwischen den beiden Expeditionen liegen und die Menschen dennoch nicht gegen alle Naturgewalten gewappnet sind, unterstreicht die Aussage des Romans:

Egal wie sicher wir uns sind, dass wir uns gegen die Natur schützen können, dass wir, glauben genau zu wissen, welche Entscheidungen wir in welchen Situationen fällen würden und vor allem, dass man nicht die gleichen Fehler noch einmal machen wird, weil man ja so gut vorbereitet ist, wir liegen mit dieser Einschätzung falsch. Die menschliche Natur ist ebenso wie die Natur der lebensfeindlichen Weite der Antarktis unberechenbar.
Zum Schluss möchte ich noch hervorheben, dass ich mir, obwohl ich Schwierigkeiten hatte, einen Zugang zu den Protagonisten zu finden und somit richtig in die Geschichte einzutauchen, die Atmosphäre der kalten und unwirtlichen Landschaft, diese Einsamkeit und dennoch erdrückende Enge durch die anderen, sehr vorstellen konnte und alleine das hat den Roman für mich lesenswert gemacht.

Fazit
Eine zum Ende hin spannende Abenteuergeschichte, in die ich aber erst einmal hereinkommen musste. Trotz einer interessanten Aussage, führte vor allem die fehlende Tiefe der Charaktere dazu, dass mich das Buch nicht richtig abholen konnte.
Für jeden, der gerne Abenteuergeschichten und Geschichten darüber, welche psychologischen Auswirkungen Extremsituationen auf die menschliche Natur haben können, liest, kann ich diesen Roman dennoch empfehlen.

Der erste Eindruck:  
Die Story:  
Die Charaktere: 
Die Erzähltechnik: 
Schreibstil: 
Aussage/Bedeutung:  
Titel/Cover dieser Ausgabe: 

Fazit:     3,4 Sterne!

 

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**Dieser Roman wurde mir als Rezensionsexemplar vom Bloggerportal zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

 

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