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[Rezension] Rebecca von Daphne Du Maurier

Wie ihr vielleicht schon wisst, habe ich mir für dieses Jahr vorgenommen, jeden Monat mindestens einen Klassiker zu lesen.
Im Juni fiel die Wahl auf Rebecca von Daphne Du Maurier – ein Roman, der vor allem durch seine Verfilmung von Alfred Hitchcock zu Berühmtheit gelangte. Es wurde mir mehrfach empfohlen und ich kann sagen, ich wurde nicht enttäuscht.

Worum geht’s?

Die namenlose Protagonistin lernt an der Côte D’ Azur den wohlhabenden Witwer Maxim de Winter kennen. Die beiden verlieben sich ineinander und heiraten recht schnell. Zurück auf seinem Anwesen Manderley an der Südküste Englands wird seiner jungen Gemahlin die Ankunft jedoch alles andere als leicht gemacht. Die Erinnerung an seine verstorbene Ehefrau Rebecca ist allgegenwärtig. Sie war sehr beliebt und gerade die abweisende Haushälterin Mrs. Danvers scheint sie geradezu vergöttert zu haben. Sie ist daher über die Ankunft einer neuen Mrs. de Winter nicht gerade erfreut und droht nicht nur die Beziehung des frisch vermählten Paares zu zerstören.

Meine Meinung

Zu Beginn liest sich Rebecca wie ein Chick-Lit Roman des frühen 20. Jahrhunderts. Es geht um gesellschaftliche Events, Klatsch und Tratsch, um teures Essen und Kleidung. Die Protagonistin ist sehr schüchtern und zurückhaltend und hält von alledem eigentlich nicht viel, hat aber keine andere Wahl. Dann lernt sie den sehr wohlhabenden, rätselhaften und gerade verwitweten Maxim de Winter kennen, der sie natürlich auch prompt heiraten möchte. Dass das aber nicht der ganze Plot des Romans ist und es sich bei der Hochzeit nicht um das Happy End handelt, kann man sich schon denken, sonst wäre das Buch auch nicht mehr hundert Seiten lang.
Die namenlose Ich-Erzählerin, denkt das natürlich erstmal. Sie kann endlich den verhassten Job als “Gesellschafterin” für eine reiche und unangenehme alte Dame aufgeben und wird stattdessen Herrin eines riesigen und prestigeträchtigen Anwesens. Sie hat die Rechnung natürlich nicht mit dem Geist von Maxims unter rätselhaften Umständen verstorbenen Ehefrau und vor allem der ihr zutiefst ergebenen Haushälterin Mrs. Danvers gemacht.

Der Roman lässt sich schnell und flüssig lesen und nimmt gerade ab der Hälfte zunehmend an Spannung zu, als man als Leser merkt, dass es nicht bei der Langeweile und den Zweifeln der Protagonistin, ob dieses Leben tatsächlich das Richtige für sie ist, bleiben wird.
Bei meiner Ausgabe handelt es sich um eine neue vollständige Übersetzung des Romans und ich kann sagen, dass mir der Schreibstil sehr gut gefiel.

Zwar wirkt die Protagonistin zunächst wie ein eingeschüchtertes Mädchen, das erst von ihrem Prinzen aus  einer misslichen Situation gerettet werden muss, was auch die anfängliche “Chick-Lit”-Wirkung, die ich zu Beginn beschrieben habe, ausmacht, doch ist der Roman keineswegs ein reiner Liebesroman und auch seine Charaktere sind sehr viel facettenreicher.
Sie ärgert sich über ihre eigene Schüchternheit und Ungeschicklichkeit, die sie so sehr von ihrer Vorgängerin unterscheidet, die ihr zunächst wie eine Göttin vorkommt. Irgendwann kommt ein gewisser Trotz hinzu, als sie befürchtet, die falsche Entscheidung getroffen zu haben, nicht nach Manderley zu gehören und auch Maxim wird immer abweisender. Parallel wird ihr die Feindseligkeit der Haushälterin immer mehr bewusst und auch die Fragen zu Rebecca und ihrem Tod stauen sich mehr und mehr in ihr auf. Fragen, zu denen sich aber jeder lieber bedeckt hält. Die Beziehung des Ehepaares ist von Abhängigkeiten geprägt, die junge Frau unterwirft sich Maxim aus dem drängenden Wunsch heraus, von ihm beachtet und geliebt zu werden, doch macht die Beziehung dennoch eine interessante  und teilweise unerwartete Entwicklung durch, die spannend zu beobachten ist.

Die vorwiegende Stimmung des Romans ist unheimlich und düster. Das eigentlich als sehr schön beschriebene Manderley bekommt durch die Augen der Protagonistin für den Leser eine bedrückende und unheilvolle Wirkung. Es ist das perfekte Setting für ein Schauermärchen: so groß, dass man sich darin verlaufen kann, dicke Mauern, alte Gemälde, Dienstbotengänge, ganze Flügel, die nicht benutzt werden und ein Gelände, das ganze Wälder uns Buchten mit einschließt.

Die Geschichte wird von der Ich-Erzählerin in der Retrospektive erzählt, ausgelöst, durch wiederkehrende Alpträume von Manderley. Der Leser weiß somit sofort, dass das Ehepaar sich nicht mehr in Manderley befindet und ihr Leben dort kein schönes Ende nahm. Viele Aspekte im Buch können somit direkt als dunkle Vorzeichen aufgefasst werden, die den Gänsehautfaktor noch vertsärken.

Die Erzählung nimmt langsam an Fahrt auf, um schließlich mit einem starken Twist zu überraschen und einem dramatischen Finale zu enden.

Fazit

Rebecca ist eine Schauergeschichte und ein Beziehungsroman. Man weiß manchmal nicht, was man unheimlicher finden soll: die merkwürdige Beziehung des frischvermählten Paares oder die rätselhaften Geschehnisse um Rebeccas Tod und die bedrohliche Wirkung Manderleys und vor allem Mrs. Danvers.
Ein Roman, der mit anspruchsvollen Charakteren und komplizierten Beziehungen überzeugt und zudem unglaublich unterhaltsam und spannend ist.

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Titel: Rebecca
Autorin: Daphne Du Maurier
Übersetzung: Brigitte Heinrich und Christel Dormagen
Verlag: Insel Verlag (2016)
erstmalig erschienen: 1938
Seiten: 525
ISBN: 9783458361343
Preis: 12,00 € (Taschenbuch)

 

 

 

(c) Buchcover: Insel Verlag
Beitragsbild: Ricarda Schneider

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3 Kommentare

  • Niamh O'Connor

    Eines der Bücher, bei denen ich mich jedesmal wieder gruseln kann, obwohl ich weiß, wie es ausgeht. Und der Film hat das noch verstärkt, weil er die passenden Bilder liefert.
    Vielen Dank für die Besprechung und liebe Grüße
    Niamh

  • Nicole

    Bisher konnte mich ja kein Klassiker so richtig fesseln, weil ich da immer etwas Probleme mit dem Schreibstil habe. Aber auf Rebecca hast du mich nun neugierig gemacht, vor allem wenn du sagst das sich die Neuübersetzung schön flüssig lesen lässt. Vom inhalt her ist das nämlich komplet meines. Ich mag solche Geschichten total und würde auch gerne mehr Bücher lesen die in eine solche Richtung gehen. Dazu habe ich von Rebecca schon öfter positives gelesen.

    Danke auch für dein liebes Kommentar.
    Das freut mich zu hören <3. Ich habe auch nichts gegen Neuverfilmungen, schon alleine desahlb nicht weil sich die Technik weiterentwickelt und man die Filme so auch ganz anders inszenieren kann und dazu macht man den Stoff ja auch wieder einen neuen Generation zugänglich. Finde ich gut. Ob die Verfilmung dann gelungen ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber ich bin jetzt niemand der solche Filme kategorisch ablehnt und sie dann boykottiert.

    Kann dir die restlichen Filme von "The Purge" echt empfehlen, die werden von mal zu mal besser und mich lassen sie immer sehr schockiert zurück. Man denkt da doch länger drüber nach und fragt sich, ob sowas Realität werden könnte und wie die Menschen sich wohl dann verhalten würden.

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