Rezensionen

Rezension: “No Country for Old Men” – Cormac McCarthy

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Titel:
No Country for Old Men
Autor: Cormac McCarthy
Seitenzahl: 3o8
Verlag: Picador
ISBN: 987-0-330-51121-6
Preis: 8,99 €
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deutscher Titel: Kein Land für alte Männer
übersetzt von: Nikolaus Stingl
erschienen bei:
 Rowohlt Taschenbuch Verlag
Seitenzahl: 288
ISBN (deutsch): 978-3499242885

 

Der erste Eindruck: 2sterne
Die Story: 3,5Sterne
Die Charaktere:3,5Sterne
Die Erzähltechnik: 3sterne
Der Schreibstil: 5Sterne
Titel und Cover:5Sterne

Mein Fazit: 35sterne.png3,6 Sterne

 

Auf Cormac McCarthy stieß ich mit 17, als wir im Englisch-Leistungskurs “nur so zum Spaß”, weil wir alle (inklusive unseres Lehrers) die Nase voll von Shakespeare hatten, “The Road” lasen. Eine Postapokalypse-Geschichte, die ich heute noch zu meinen Lieblingen zähle.

Jetzt, acht Jahre später, habe ich es endlich geschafft, ein weiteres Buch von ihm in die Hand zu nehmen.
“No Country for old Men” – klingt nach einem richtigen Badass-Western. Dieser Effekt wird durch die großen Lettern auf dem Cover noch verstärkt.
Und das ist es auch – jedenfalls vordergründig…eine Geschichte über die kriminellen Abgründe einer Region an der mexikanisch-texanischen Grenze in den 80er Jahren. Hier versucht Sheriff Bell die Bevölkerung vor dem totalen Moralverfall zu schützen und hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, Llewelyn Moss, der bei einem frühmorgendlichen Jagdausflug auf die Überreste eines schiefgelaufenen Drogendeals stößt und sich mit einer Menge Geld davonmacht, vor dem skrupellosen Killer Chigurh zu retten, der nun hinter ihm her ist.
Hört sich soweit nach einem typischen Western an, doch die Figur des Sheriffs fügt dem noch einiges hinzu. In immer wieder eingefügten Monologen erfahren wir, dass er als Kriegsveteran so einigen Ballast mit sich herumträgt, sich jedoch nicht als Kriegsheld sieht, sondern eher unter dem ständigen Gefühl leidet, etwas wiedergutmachen zu müssen. Doch der aktuelle Fall bringt ihn an seine Grenzen und er muss erneut erleben, nichts ändern zu können.
Es ist ein Buch über Entscheidungen, falsche Entscheidungen und Reue.
Der Moment, in dem Moss das Geld an sich nimmt und verschwindet, anstatt es liegen zu lassen und wieder nach Hause zu gehen, ist nur ein Punkt in der Geschichte, der zeigt, wie sehr eine einzige Entscheidung unser ganzes weiteres Leben beeinflussen kann. Ein Thema mit dem sich auch der Sheriff herumplagt.
Ebenso sehr im Fokus steht die Moral oder vielmehr der schon genannte Moralverlust, dem sich der Sheriff in “seinem Land” gegenüberstehen und nicht gewachsen sieht. Trotz seiner langjährigen Erfahrungen bei der Polizei schockiert ihn die Brutalität und die Sinnlosigkeit der aktuellen Geschehnisse. Eine Brutalität und und Sinnlosigkeit, die McCarthy durch seinen berühmten nüchternen und kompromisslosen Schreibstil bestens einfängt.
Ein wenig gestört haben mich jedoch sowohl die Charaktere, als auch die Erzähltechnik.
Abgesehen vom Sheriff hatten die Charaktere für meinen Geschmack zu wenig Substanz. Weder bei Moss, der ja eine zentrale Rolle spielt, noch bei Chigurh, der das abgrundtief Böse verkörpern soll, bekam ich ein richtiges Gefühl für die Person. Moss trifft ein paar dumme Entscheidungen, scheint aber im Großen und ganzen ein ganz lieber Kerl zu sein, sehr viel mehr über seine Persönlichkeit erfährt man jedoch nicht. Und Chigurh ist abgrundtief böse, ja, aber hier fehlte mir das “Warum”. Woher kommt diese Skrupellosigkeit, mit der er sich konsequent an seine brutalen Prinzipien hält? Im Gegensatz zu anderen Krimis oder Thrillern, erhalten wir hier kein richtiges “Täterprofil”.
Dies Unterstützt natürlich die Kernaussage des Moralverfalls nach dem Motto: In dieser Welt braucht niemand einen Grund, um Böse zu sein. Dennoch fehlt mir hier etwas.
Hinzukommt dass ich die Erzählweise, wie zwischen den verschiedenen Orten und Personen hin- und hergesprungen wird, sehr verwirrend fand. McCarthys typischen Dialoge – er benutzt keine Anführungszeichen und Nebensätze, in denen erklärt wird, wer gerade spricht – haben zwar die Wirkung, dass man sich die Situation szenisch vorstellt, führen aber auch dazu, dass man manche Stellen immer wieder lesen muss, um nachzuvollziehen, wer gerade was gesagt hat.
Die Monologe des Sheriffs, die zwar seiner Figur sehr viel Substanz verleihen, fand ich im Verhältnis zu diesen schnellen Wort- und Szenewechseln jedoch oftmals langatmig.

Mir wurde schon oft gesagt, dass die Verfilmung ein richtiges Meisterwerk sein soll. Das kann ich mir sehr gut vorstellen, da das Buch trotz fehlender ausführlicher Beschreibungen sehr viel Material liefert, dass sich bestimmt sehr bildgewaltig darstellen lässt. Und nun, da ich das Buch ausgelesen habe werde ich mir demnächst endlich diesen Film vornehmen.
“No Country for Old Men” gehört für mich definitiv zu den Büchern, die rückblickend betrachtet sehr viel mehr zu bieten haben, als es beim Lesen den Anschein macht. Der Leseprozess war für mich sehr anstrengend und ich habe ihn nicht wirklich genossen. Die Aussage des Buches wurde mir zumindest erst hinterher so richtig bewusst. Trotz McCarthys einzigartigen Schreibstils und einer gut durchdachten Aussage, hatte ich das Gefühl, bei der Geschichte nur an der Oberfläche zu kratzen. Vielleicht soll dies die Sinnlosigkeit des Ganzen verdeutlichen, gefallen hat es mir jedoch nicht.
Insgesamt ist es ein actionreicher und dennoch schwerer Western mit für meinen Geschmack etwas zu wenig Hintergrundstory. Ist man jedoch bereit, das Ganze länger auf sich wirken zu lassen, bekommt man ein sehr nachdenklich stimmendes Beispiel für die Bedeutung moralischer Entscheidungen.

Von mir gibt es insgesamt 3,6 Sterne.

 

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